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Dieses Element ist Teil von: Fontana und der italienische Faschismus

Bildbeschreibung

Fontanas „Vittoria“ auf der VI. Triennale Mailand

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Fontana schuf 1936 beispielsweise die monumentale Skulpturengruppe „Vittoria“ für die Ruhmeshalle der VI. Triennale in Mailand: eine fünf Meter hohe Siegesgöttin, gefolgt von zwei sich aufbäumenden Pferden. Sie gehört zu einer Rauminstallation, die er in Zusammenarbeit mit dem Kritiker und Designer Edoardo Persico (1900–1936), dem Architekten Giancarlo Palanti (1906–1977) und dem Maler Marcello Nizzoli (1887–1969) erarbeitete. Mit ihrer forcierten Vertikalität, die Fontana mit seinen gelängten Figuren aus weißem Gips aufgriff, sowie mit raffinierten Lichteffekten war sie darauf angelegt, dem Publikum ein Raumerlebnis zu bieten, das über das rein Materielle hinausging. Insofern war dieses Projekt für die weitere Entwicklung von Fontanas Werk von großer Bedeutung.

Andererseits fügt Fontanas „Vittoria“ sich in die faschistische Propaganda ein. Darstellungen der römischen Siegesgöttin Victoria gehörten zur offiziellen Bildsprache von Partei und Regierung, sollten ihre Macht legitimieren, die Bevölkerung mobilisieren und den Nationalstolz fördern.

Fontanas, Persicos, Palantis und Nizzolis Ruhmeshallen-Projekt steht im zeitgeschichtlichen Kontext des Abessinienkriegs (1935–1936) – eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs, mit dem das faschistische Italien das Ziel verfolgte, sein Kolonialreich in Afrika auszudehnen. Es handelte sich dabei um den ersten Angriffskrieg eines faschistischen Regimes und die größte internationale Krise seit dem Ende des Ersten Weltkriegs. Denn das damalige Kaiserreich Abessinien, das heutige Äthiopien, war 1923 als einer der wenigen unabhängigen Staaten Afrikas dem Völkerbund – dem Vorläufer der Vereinten Nationen – beigetreten.

Die VI. Triennale von Mailand wurde am 31. Mai 1936, also nur wenige Wochen nach dem Fall der abessinischen Hauptstadt Addis Abeba und der Ausrufung des italienischen Imperiums am 9. Mai, eröffnet. Italien konnte sich mit diesem Ereignis also auch als Sieger im Krieg feiern. Die Ruhmeshalle wurde nachträglich in Siegeshalle umbenannt.

Auf dem Sockel von Fontanas „Vittoria“ wurde ebenfalls nachträglich eine martialische Inschrift angebracht, die aus Mussolinis Rede zur Eroberung von Addis Abeba stammte und den Kampfgeist des italienischen Volkes feierte. Im Anschluss an die Besichtigung der Triennale im Juli 1936 beauftragte der stellvertretende Minister für Presse und Propaganda, Dino Alfieri, Lucio Fontana, seine „Vittoria“, die eigentlich nur temporär gedacht war, als Bronzeguss umzusetzen, um sie auf einem Platz in Addis Abeba aufzustellen. Fontana berichtete seinem Vater voller Stolz von diesem Auftrag. Zu seiner Realisierung kam es allerdings nicht.

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