In einem Regal mit vier Fächern aus schwarzem Blech befinden sich Reste figürlicher Gipsabgüsse und Glasscherben: ein Kinderkopf aus Gips, ein Frauengesicht und eine Hand, die in eine Stoffbahn greift, sowie sieben Glasscherben unterschiedlicher Größe. Sie alle scheinen wie von Ruß überzogen. Sie sind Produkte menschlicher Kultur, gezeichnet von den Spuren der elementaren Kraft des Feuers; sowohl lebenserhaltend wie lebenszerstörend.
Jannis Kounellis zählt zu den wichtigsten Künstler:innen der Arte Povera in Italien; einer Kunstpraxis, die sich ganz unscheinbarer, alltäglicher Materialien bediente. Festgelegte Kategorien der Kunst, wie Bild, Skulptur, Objekt oder Environment ließ Kounellis hinter sich. Er erklärte den Raum zur realen Bildfläche und bezog ihn in seine Werke ein. Dabei legte er großen Wert auf eine sehr sorgfältige Materialauswahl. Er benutzte Rohstoffe wie Eisen, Holz und Kohle und kombinierte diese mit Materialien und Gebrauchsobjekten, die vorwiegend industriell gefertigt sind. Insgesamt sind es Materialien, die neben sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften wie beispielsweise Wärme, Kälte, Härte und Weichheit auch Vorstellungen und Bilder aus unserem Erfahrungshorizont hervorrufen.
Das hier präsentierte Objekt ohne Titel verkörpert eine solche innere Erfahrung und eröffnet Gedanken an den unvermeidbaren Untergang jeder Kultur, an die Zerstörung von menschengemachten Werken im Verlauf der Geschichte und an die Übermacht der natürlichen Elemente.
Jannis Kounellis wurde 1936 in Piräus bei Athen, Griechenland, geboren. 1956 zog er nach Rom, wo er bis zu seinem Tod 2017 lebte und arbeitete.
- Material & Technik
- Gipsabgüsse, Glas, Eisenblech
- Museum
- Von der Heydt Museum
- Datierung
- 1980
- Inventarnummer
- P 0338