Im Sommer 1959 begann Lucio Fontana mit der Arbeit an einer Serie von Keramiken, die er „nature“ (Plural von „natura“, zu Deutsch „Natur“) nannte. Diese rohen, kugelförmigen Skulpturen wurden später in Bronze gegossen. Fontana durchschnitt Tonklumpen wie Früchte und markierte die Schnittflächen mit feinen Einritzungen. Im Laufe der Zeit ging er dazu über, die Kugeln mit einem Holzstab zu durchbohren und tiefe Schlitze oder Löcher in die Oberfläche zu setzen, die bis ins Innere der Skulpturen reichen. So übertrug Fontana den Gestus des Schnitts und des Durchlöcherns ins Medium der Bronzeskulptur.
1960 wurden die „nature“ erstmals im Palazzo Grassi in Venedig unter dem Titel „Dalla natura all’arte“ („Von der Natur zur Kunst“) ausgestellt, wobei Fontana seine runden Raumskulpturen zu der Zeit noch „Ballons“ nannte. Ein Jahr später waren die Werke unter anderem in der Kunsthalle Recklinghausen zu sehen. Der Kunsthistoriker Giovanni Lista (*1943) nimmt mit einem Vergleich von „auf die Erde gestürzten Asteroiden“ Bezug auf Fontanas Faszination für die Weltraumforschung. Die von Kratern übersäte Oberfläche der „Nature“ erinnert an die des Mondes oder von Meteoriten. Gleichzeitig können sie als pralle, sich öffnende Pflanzenknospen verstanden werden – Symbole für Wachstum und Erblühen – oder auch Walnüsse als Zeichen der Fruchtbarkeit.
Mit der Serie „nature“ (Natur) erweitert Fontana seine formalen Erkundungen: Ausgehend von seiner Arbeit mit Keramik in Albisola in den 1930er Jahren übertrug er sein Raumkonzept auf das Medium der Bronzeskulptur: Durch die Schnitte öffnete Fontana den Raum der Kugeln – einerseits schuf er so eine geschützte innere Sphäre, andererseits brechen die runden Körper nach außen auf und erobern so den umliegenden Raum.