Frame of a mobile phone QR-Code

#216

Simultanvisionen / Simultaneous Visions

Boccioni, Umberto (1882-1916) | Maler:in

02:17

Der italienische Künstler Umberto Boccioni (1882–1916) gehörte 1910 zu den Unterzeichnern des von Marinetti verfassten ersten futuristischen Manifests und gilt als herausragender Vertreter der damit begründeten Bewegung. Sein Gemälde „Simultanvisionen“ von 1912 verkörpert mustergültig die Ästhetik des Futurismus. Verschiedene visuelle Eindrücke sind zugleich zu sehen, draußen und drinnen durchdringen sich, zersplitterte Farb- und Flächenformen verdeutlichen die Dynamik der Großstadt. Von einem Fenster aus fällt der Blick auf eine Straße, die von hohen Häuserfassaden umgeben ist. Die Straße verläuft bilddiagonal von links unten nach rechts oben, wobei die Entwicklung der Verkehrsmittel anhand einer Kutsche und einer Straßenbahn dargestellt ist. Der Kopf einer Frauenfigur, die das Geschehen auf der Straße betrachtet, ist in zwei Ansichten gegeben. Die Verkürzung der Fassaden, die verzerrende Wiedergabe der Passanten und Fahrzeuge und die gekurvten Umrisse der Gefäße erzeugen die Vorstellung von Bewegung.

Die Malerei Robert Delaunays und des Kubismus sowie deren Idee des simultanen Sehens – der gleichzeitigen Wahrnehmung verschiedener Ansichten – hatte nachhaltig Einfluss auf Boccioni. Für ihn war die Simultaneität jedoch nicht nur ein optisches Phänomen, sondern sie entsprach seiner Vorstellung von einer zeitlichen und räumlichen Durchdringung aller Objekte. Die gleichzeitige Wiedergabe aufeinanderfolgender Bewegungsphasen, spiralförmige Zentren, Kurven, Wellen und diagonale Bewegungslinien, Lichteffekte und eine oft aggressive Farbigkeit führen in seinen Bildern dazu, dass auch statische Dinge bzw. bewegungslose Figuren dynamisch oder wie in Auflösung erscheinen.

Fontana war ein großer Verehrer Boccionis. In gewisser Weise lassen sich seine „metalli“ aus der New-York-Serie (Raum 1) und Boccionis „Simultanvisionen“ sogar vergleichen. Wenn Boccionis Malerei alle Motive in scharfkantige Facetten zerlegt, um die Dynamik des städtischen Lebens sichtbar zu machen, schlitzt Fontana Kupferbleche mit dem Stemmeisen auf und versieht sie mit kreuz und quer verlaufenden Ritzungen.

Material & Technik
Öl auf Leinwand
Museum
Von der Heydt Museum
Datierung
um 1912
Inventarnummer
G 1315
0:00