Serielles Arbeiten ist ein zentrales Element in der Kunst Lucio Fontanas. Neben den in diesem Raum gezeigten „metalli“ (Metallen) oder „nature“ (Natur) gehören auch die beiden eiförmigen Arbeiten „Concetto spaziale. La Fine di Dio“, zu Deutsch „Das Ende Gottes“, zu den Serien der 1960er Jahre. „Das Ende Gottes“ bezieht sich auf Friedrich Nietzsches Ausruf „Gott ist tot!“ in dem 1882 erschienenen Buch „Die fröhliche Wissenschaft“. Laut Nietzsche bedeutet die Loslösung von der Religion für den Menschen nicht nur Selbstermächtigung, sondern auch Orientierungslosigkeit. Er irre haltlos im endlosen Raum herum und sei in Gefahr, sich darin zu verlieren.
Unter dem Titel „Fine di Dio“ schuf Fontana 38 eiförmige Leinwände von jeweils knapp 180 cm Höhe. In unterschiedlichen Farben angelegt – hier grün und rotbraun –, sind sie mit "buchi", also Löchern, übersät: mal groß und sehr grob, mal fein und klein. Dazu kommt Glitzer, der die Oberfläche des rotbraunen Eies zum Schimmern bringt.
Die Eiform ist zentral für die Deutung der Serie: Sie ist ein universelles Sinnbild der Vollkommenheit, der Schöpfung und des Lebens und im christlichen Kontext auch ein Symbol der Auferstehung. In jedem Ei liegt ein Neuanfang. Die Eiform steht damit im unaufgelösten Widerspruch zu Nietzsches Ausspruch vom Tod Gottes, den der Werktitel zitiert. Die Größe der eiförmigen Leinwände bezieht sich auf den menschlichen Körper, das menschliche Maß. Eine Referenz könnte dabei der vitruvianische Mensch von Leonardo da Vinci mit seinen idealen Proportionen sein.
Fontana wird wesentlich von den Fortschritten der Wissenschaft, im Besonderen der Weltraumforschung, und ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft dazu motiviert, eine neue Kunst zu entwickeln. Zweifellos ein Markstein für ihn war 1946 die erste Aufnahme der Erde aus dem Weltraum, die am 24. Oktober 1946 entstand. Angeregt von der Entdeckung bisher unbekannter kosmischer Räume wollte Fontana auch mit den Mitteln der Kunst neue Räume eröffnen.
- Material & Technik
- Öl auf Leinwand, Ritzung, perforiert
- Museum
- Sammlung Siegfried und Jutta Weishaupt, Ulm
- Datierung
- 1963
- Inventarnummer
- 63 FD 8