QR-Code

#215

Nicht viel zu sehen

Fautrier, Jean (1898-1964) | Maler:in

02:00

Der in Paris geborene Maler Jean Fautrier stammt aus einer wohlhabenden Familie. Nach dem Tod des Vaters 1907 lebt er in England, wo er mit 14 Jahren die Studienzulassung zur Royal Academy of Arts in London erhält. 1917 kehrt Fautrier nach Paris zurück. Nach einer erfolgreichen Anfangsphase ist er seit Ende der 1920er Jahre um neue Ausdrucksmöglichkeiten bemüht. Fautrier beginnt damit, fest auf die Leinwand geleimtes Papier als Malgrund zu verwenden und experimentiert mit verschiedenen Materialen, um neuartige Wirkungen zu erzielen: Er entwickelt die Technik der „haute pâte“. Die Bezeichnung „haute pâte“ (Englisch "Matter Painting") umschreibt die reliefartig erhabene Struktur eines Gemäldes, sozusagen das Malen mit Material. Eine weiße, mit Leim vermischte gipsartige Paste wird schichtweise mit einem Spachtel aufgetragen, wobei die unterschiedlich stark hinzugefügten Farbpigmente mit der Gipsmasse, durch Furchen und Linien vereint, eine gegenstandsfreie Struktur bilden. In diesen Bildern sind Spuren der gegenständlichen Realität zu expressiv gebildeten, abstrakten Zeichen verdichtet. Jean Fautrier gehört zu den Pionieren dieser später „Informel“ genannten Kunst, die in den 1940er und 1950er Jahren zu verschiedenen Ausdrucksformen (Tachismus, Abstrakter Expressionismus, Action Painting, Art Brut) führt.

Die Aktmalerei hat Fautrier zeitlebens beschäftigt. In den letzten Lebensjahren erreichen seine Bilder den höchsten Abstraktionsgrad und sind in der Behandlung der Farbmaterie von größter Subtilität. Auf dem weißen Grund des erhabenen Materialbildes ist ein angedeuteter Körper sichtbar. Eigentlich ist es ein elliptisch geprägter Torso, schwebend in einem nicht näher zu definierenden Raum. Auf das Wesenhafte reduziert, bleiben Fautriers entblößte Körper Fragment, verletzlich und empfindsam zugleich: stets Ausdruck der tragischen Existenz des Menschen. Aus dieser plastisch aufgefassten Malweise ergibt sich auch für die Betrachtenden ein neues Seherlebnis, denn die Oberfläche erhebt sich als taktil „greifbares“ Relief. 

Material & Technik
Mischtechnik auf Papier auf Leinwand
Museum
Von der Heydt Museum
Datierung
1959
Inventarnummer
G 1485
0:00