Bei dem kleinen Porträt eines Mannes mit dunklen Haaren und schwarzem Schnurrbart handelt es sich um ein Selbstporträt des russischen Malers Robert Genin (1884–1941), der heute eher unbekannt ist. Der im Halbprofil gezeigte Genin trägt ein helles Hemd, das von bunten Lichtreflexen übersät zu sein scheint. Im Hintergrund sind Andeutungen einer Landschaft mit Bäumen zu erkennen. Die Farbe des Himmels changiert zwischen kräftigem Rot und Hellblau, wobei sich beide Farben auch im Brustbild der Figur finden lassen, was die Ausdruckskraft des Porträts unterstreicht.
Genin stammte aus einer jüdischen Familie im heutigen Belarus und absolvierte ein Kunststudium in Wilna (heute Litauen) und Odessa (heute Ukraine), bevor er 1902 nach München zog, um seine Ausbildung fortzusetzen. Ab dieser Zeit pendelte er fünf Jahre lang zwischen München und Paris, und auch danach sollte er nie lange an einem Ort leben. Neben vielen Umzügen innerhalb Münchens verbrachte er auch längere Aufenthalte in Berlin, Ascona, Paris und Moskau, wobei München als sein Hauptsitz bezeichnet werden kann. Als fester Bestandteil der Münchner Künstlerszene nahm er vor dem Ersten Weltkrieg regelmäßig am "Rosafarbenen Salon" von Marianne von Werefkin teil. Außerdem pflegte er eine enge Freundschaft mit dem Künstler Paul Klee. Genin nahm an zahlreichen Ausstellungen teil und war Mitglied renommierter Künstlergruppen wie der Berliner und der Neuen Münchner Secession. 1936 kehrte er nach Moskau zurück, wo er jedoch keinen Erfolg verzeichnen konnte.
Anders als sein Freund Paul Klee blieb Robert Genin Zeit seines Lebens der Figurenmalerei treu. Sein künstlerischer Stil entwickelte und veränderte sich jedoch im Laufe seiner Karriere. Vom Jugendstil ausgehend, malte er in den 1910er Jahren vor allem neoklassizistische Werke, in denen er Figuren in idealisierten Landschaften positionierte. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wandte er sich einer expressionistischen Malweise zu. Der Übergang zum expressionistischen Figurenbild zeigt sich in diesem Selbstporträt, das vor 1920 entstanden ist.
- Material & Technik
- Tempera auf Karton
- Museum
- Von der Heydt Museum
- Datierung
- vor 1920
- Inventarnummer
- G 0220